Der erste Marathon war gelaufen, und ich war so beeindruckt, dass ich es kaum abwarten konnte, meine nächsten großen Marathonreisen zu planen. Also registrierte ich mich für Berlin und Chicago. Wie durch ein Wunder bekam ich für beide Läufe einen Startplatz per Auslosung, aber Corona wollte es der ganzen Welt schwierig machen. Die Jahre 2020 bis 2021 waren turbulent, und es gab strikte Einreiseregeln weltweit. 2020 fand kein Marathon statt, und bis November 2021 durfte ich als deutsche Staatsbürgerin noch nicht in die USA einreisen. Der Chicago-Marathon findet immer im Oktober statt; also durfte ich meinen Startplatz auf 2022 verschieben. Ich war aufgeregt, voller Energie und Hoffnung, denn ich wollte meine Marathonreise zum sechsten Stern fortsetzen.

2022 fing die Welt an, zur Normalität zurückzukehren, und wir planten unsere Reise in die USA. Es sollte eine knapp dreiwöchige Reise werden, und Chicago lag mittendrin.

06 Oktober 2022
Windy City, here I am!

Wir waren endlich in Chicago angekommen. Geflogen sind wir mit United Airlines ab La Guardia mit einer Flugzeit von 2 Stunden und 35 Minuten. Der Flughafen war schön und übersichtlich und das breite Lächeln in meinem Gesicht wollte gar nicht gehen. Das Personal habe ich als äußerst freundlich und hilfsbereit wahrgenommen.
Fast alle Flughafenhotels bieten einen kostenfreien Shuttle ins Hotel und zurück. Die Shuttles haben ihren eigenen Bereich. Also gingen wir dorthin und nach 10 Minuten kam auch unser Fahrer, der uns in das Hyatt Rosemont fuhr. Ein äußerst freundlicher älterer Herr, der aus einem der Balkanstaaten kam. Er war vor mehreren Jahren nach Amerika ausgewandert für ein besseres Leben. Wir unterhielten uns während der Fahrt und bedankten uns für den sehr guten Service. 

Bitte denkt daran, dass die Dienstleistungsbranche durch das Trinkgeld lebt. Besonders bei gutem Service solltet ihr eine kleine Anerkennung zeigen. 5$ ist bei solch einer Fahrt absolut fair. Besonders bei einem Transfer, der kostenfrei ist.

Der Check-In verlief reibungslos und als Hyatt Statusmitglied gab es kostenfreies Wasser auf dem Zimmer. Unser Zimmer war groß, hell und sauber. Bei der Reservierung habe ich darauf geachtet ein Zimmer mit zwei Betten zu nehmen, damit ich die Nacht vor dem Lauf äußerst gut schlafen kann. Kleine Anmerkung: Ich habe das Talent während meinem Schlaf meine Kung Fu Künste auszuüben.

Das Zimmer war sauber und für den Preis absolut fair. Nachdem wir uns erst einmal ausgeruht und unsere Sachen ausgepackt haben, fuhren wir in das nahgelegene Outlet Center „Fashion Outlets Chicago – Rosemont“. Hierfür nahmen wir uns ein Uber, welches ein sehr gängiges Verkehrsmittel in den Vereinigten Staaten ist. Die Fahrt dauerte knapp 10 Minuten und kostete uns 8,99$ inklusive 1$ Trinkgeld (freiwillig). Wer auf den Uber verzichtet und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren möchte kann dies natürlich tun, denn die nächste Bushaltestelle liegt circa 150m entfernt vom Hotel und fährt direkt zur Station Rosemont und von dort aus fährt man mit der Nummer 811 weiter. Die Fahrt dauert insgesamt circa 20 Minuten.

Jetzt kommt ein Highlight! Dieser Ort bietet den sogenannten Rosemont Entertainmet Circulator mit der Nummer 811 an, und zwar völlig kostenfrei!
Im unteren Bild siehst du die Route der 811. Wenn du auf das Bild klickst, wirst du weitergeleitet auf die offizielle Seite.

Das Outlet Center bietet die verschiedensten Marken in diversen Preiskategorien an, aber wir wollten vorerst den Hunger und den Durst stillen. Der gastronomische Bereich ist eigentlich ein Food Court und genauso aufgebaut, wie der Weserpark in Bremen als Beispiel. 3 Tage vor dem Marathon; also hieß es für mich „Kohlenhydrate, wenig Fett und kaum Ballaststoffe“. Naja, ich würde lügen, wenn ich behaupten würde mich an einem guten Ernährungsplan zu halten, aber der Versuch war da! Die Details erspare ich euch; zumindest für den ersten Tag.

Am nächsten Tag, dem Freitag, fuhren wir zur Marathon Expo und holten die Startunterlagen ab. Gänsehaut pur! Die gesamte Expo war sehr gut durchdacht und man konnte überall Snacks und Getränke probieren, mitnehmen und großartige Erinnerungsstücke kaufen. Nike ist der offizielle Sportausstatter für den Chicago Marathon und das inkludierte Finisher T-Shirt ziehe ich bis heute noch an! 
Die Kleidungsstücke waren alle sehr gut und das Design war einzigartig, aber von Nike hätte man es auch gar nicht anders erwarten können. 

Nach gut 2 Stunden auf der Expo ging es in Richtung Downtown. Es regnete sehr stark, aber der Regen hielt nicht lange. Die Sonne kam raus und vertrieb die Regenwolken. 
Die nächsten Tage bis zum Marathon haben wir genutzt, um viele Eindrücke zu erleben.
Wir waren bei Al´s Beef und haben uns den originalen Beef Sandwich bestellt. Es ist nicht das optimale Gericht für das sogenannte Carb Loading, aber es wäre ja fast schon ein Skandal dort nicht gegessen zu haben, wenn man Beef mag.

Dieses Sandwich ist einfach nur saftig, würzig und lecker. Die originale Location befindet sich in Little Italy, aber in Downtown ist auch eine Filiale verfügbar. Beim Marathon läuft man sogar an der Filiale in Little Italy vorbei. 

Der Navy Pier ist für alle zugänglich und die Spaziergänge dort hin sind schön, wenn doch nicht der Wind dort wäre. Da wir bestens vorbereitet waren hat der Wind überhaupt nicht gestört. Die Halloween Dekoration war bereits überall aufgestellt und zum frühen Abend hin, sah das alles wirklich cool aus.
Eine Busrundfahrt haben wir ebenfalls gemacht, wobei ich sagen muss, dass ich das nicht aufregend fand, aber besonders vor dem Marathon war es gut, um die Füße zu schonen. 

Gefrühstückt wurde übrigens im Griddle 24. Es hat nicht nur 24 Stunden geöffnet, ist auch sehr beliebt und wirklich köstlich. Das Personal ist nicht stets bemüht, sondern hervorragend. Hier haben wir circa 10 Minuten gewartet, um einen Platz für 3 zu bekommen. Die Auwahl war riesig und können wir bitte festhalten, dass das American Breakfast mit Ei, Turkey Bacon und Hash Brows einfach legendär ist ?! Leider fehlt solch eine Gastronomie mit dieser Qualität und dieser Authentik in Deutschland. 
Übrigens:
Shoppen könnt ihr nicht nur in den Outlets, sondern auch in Downtown. Marken, wie Calvin Klein, Michael Kors, Tommy Hilfiger, Dr Martens uvm. bekommt ihr zu unschlagbar günstigen Preisen, die ihr nicht einmal in Deutschland im Sale bekommt.

Die Stadt ist sehr voll zu dieser Zeit und ihr könnt mit langen Wartezeiten rechnen. Deshalb empfehle ich euch vorher zu planen, welche Orte ihr besuchen und wo ihr essen wollt.
Die Ausflugsziele inklusive Preise, Fotos und Links findet ihr in der Rubrik „Things to do in Chicago“.

Spulen wir doch vor zum Abend vor dem Marathon!

Ich war leicht müde von den letzten 3 Tagen, aber freute mich umso mehr auf den langen Schlaf. Ich aß im Rivers Casino Pasta und legte mich schlafen. Ja, richtig gelesen, im Rivers Casino. Das Casino befindet sich direkt gegenüber dem Hyatt Rosemont und der Eintritt ist kostenfrei. Man braucht den Reisepass, wenn man kein US Bürger ist. Dort gibt es mehrere Restaurants und es war mit Abstand die beste Idee. 
Essen, genug Wasser trinken und fertig für den Schlaf machen. Meine Laufkleidung lag parat, sowie auch meine Ersatzkleidung für die Fahrt nach dem Finish. Dadurch, dass die liebe Claudia ebenfalls den Marathon lief, konnte ich meine Sachen bei ihr auf dem Zimmer abstellen. Ihr Hotel war genau am Start-/Zielbereich; das Congress Plaza Hotel.

Gebucht hatte Sie über DERTour Sports. Ich muss leider sagen, dass der Preis für die Qualität viel zu hoch war und immer noch ist. Bitte versucht immer vorerst über die Lotterie einen Startplatz zu erhalten, um dann frei in eurer Hotelentscheidung zu sein. Am besten bucht ihr eine stornierbare Hotelrate, vor eurer Marathonanmeldung. Nach dem Auslosungsergebnis könnt ihr dann dementsprechend entweder stornieren oder die Buchung behalten und mit dem Flug fortfahren. 

Sonntag, 9 Oktober 2022 – 6 Uhr
Ich hätte gern weitergeschlafen, aber ich wollte bestens vorbereitet und pünktlich an der Startlinie sein. Nachdem ich mich frisch machte, zog ich meine Laufkleidung an, trank Kaffee und aß eine Kleinigkeit, obwohl ich morgens wirklich nicht essen mag. Der Körper musste jedoch geladen werden für die 42.195 km.
Letzter Toilettengang und nein das muss angesprochen werden. Es gibt ausreichend viele mobile WCs bei solchen Events, aber die Schlange für jedes einzelne WC ist sehr lang und man weiß leider nie, wie der Zustand ist. Deshalb kann es durchaus vorteilhaft sein früher aufzustehen. Am Ende kann man immer noch die mobilen WCs nutzen. Ich nehme auch immer eine halbe Rolle Toilettenpapier mit für den Notfall. 

Ich bestellte ein Uber zur Haltestelle Rosemont und fuhr dann mit der Blue Line weiter Richtung Downtown. Jede einzelne Haltestelle war voll mit Läufern und deshalb hatte ich absolut keine Angst am frühen Morgen. Die Fahrt hat circa 40 Minuten gedauert und ich bin an der Haltestelle Washington ausgestiegen. Von dort aus bin ich circa 5 Minuten zum Eingangstor gelaufen. Meine Sachen durfte ich dann bei ihr auf dem Zimmer lagern und konnte mich in der Wärme aufhalten. Sie hat übrigens im „The Congress Plaza Hotel & Convention Center“ übernachtet. Sehr alt und hat einen Haunted Hotel Charakter. Während des Marathons sind viele Organisationen & Charity Gruppen dort in den Räumlichkeiten. Letzter Check und ab an den Startbereich. Die Starts sind in Blöcken aufgeteilt und man hat sich der zugewiesenen Nummer einzuordnen. Solltest du jedoch mit jemandem Starten wollen, der einen Block hinter dir ist, dann musst du auch nach hinten. Man kann immer von hinten beginnen, aber sich nicht nach vorn durchbringen. Ich bin ein großer Fan davon, dass man sich an die zugewiesene Startzeit und den Startblock hält. 
Die Temperatur betrug 7 Grad Celsius, klarer Himmel und die Sonne sagte auch „Hallo, da bin ich.“ Die Stimmung war hervorragend und die Zuschauer bringen ein anderes Level an Motivation und Energie. Die Verpflegungsstationen waren gut und es gab genug für alle. Meine Laufuhr gab vor dem Start auf mysteriöse Art und Weise den Geist auf. „Wie gut, dass ich mein Smartphone dabei habe!“ , dachte ich mir. Nach 24 Kilometern spürte ich die Nachwirkungen von den letzten 6 Tagen. Oh nein! Meine Kopfhörer! Auch davon musste ich Abschied nehmen und übergab sie an meinen Partner, der den Marathon als Zuschauer gefühlt mitlief. Ab Kilometer 30 habe ich dann wirklich mit mir gekämpft. Es brannte einfach alles und die Beine wollten einfach nicht mehr und ich wusste genau, was ich falsch gemacht hatte. 
Doch bin an der Ziellinie angekommen?
JAAAA!
Ich hatte meine Medaille, aber ich war nicht stolz auf meine schlechte Leistung und wollte den Marathon unbedingt wiederholen im darauffolgenden Jahr.

Chicago ist wirklich eine wunderschöne Stadt und der Marathon dort ist ein einzigartiges Erlebnis! Die Amerikaner haben es wirklich drauf was das Thema Stimmung und Organisation betrifft.